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Januar 2003

 

 

 

 

Hugo Iltis

Brьnn, Mдhren [Brno, Tschechische Republik] 1. April 1882
†Fredericksburg, Virginia 22.
Juni 1952
amerikanischer Biologe, Genetiker und Rassentheoretiker цsterreichisch-tschechischer Herkunft

 

 

 

Das kulturelle Leben in Brьnn

Das kulturelle Leben der beiden Volksstдmme verlief unterschiedlich. Das der Deutschen war sehr ausgeprдgt, sehr mannigfaltig. Das lдяt sich nicht allein mit der Dominanz des deutschen Elementes bis 1918, sowohl in der Stadtverwaltung wie auch in der Bevцlkerung der inneren Stadt, mit seiner Einstellung und kulturellen Bereitschaft erklдren. Zwar errichteten die Brьnner Deutschen fьr sich am Ende des Jahrhunderts (1882) ein ansehnliches Theater in der Basteigasse, aber auch die Tschechen hatten am unteren Ende der Eichhorngasse ihr Theater.

Die Deutschen bauten 1891 ein groяes Kultur- und Gesellschaftszentrum, das ”Deutsche Haus” (1891). Es stand am heutigen Mдhrischen Platz. Aber die Tschechen hatten ihr ”Besednн dum” , ebenfalls im Zentrum Brьnns, schon lange vor der Errichtung des ”Deutschen Hauses” erbaut und verfьgten daher schon lдnger ьber einen kulturellen Mittelpunkt und ein Gesellschaftszentrum.

(Das "Deutsche Haus" brannte zum Ende des 2. Weltkrieges aus und muяte von Deutschen dem Erdboden gleich gemacht werden.)

Der Umsturz von 1918 versetzte dem deutschen Kulturleben in Brьnn einen schweren Schlag. Die Verfьgungsrechte ьber das deutsche Theater und viele Einfluяmцglichkeiten gingen verloren. Unter anderem hatten die Ereignisse auch zur Folge, daя Friedrich Wanieck, der ungekrцnte Herrscher und Mдzen des Deutschen Hauses, noch im selben Jahre von Brьnn wegzog. "Er verlieя sein Haus ... , wo er so oft Gastgeber fьr Kьnstler wie Anton Bruckner, Karl Wollek oder Karl Korschann war, gab seine Fabriken auf.....und zog nach Kдrnten."

Vieles дnderte sich nach 1918 in der 1.Republik, wo das tschechische Element in den bildenden Kьnsten, besonders in der Architektur, stьrmisch und experimentierfreudig nach vorne drдngte und mit diesem Schwung eine ganze Reihe tschechischer und deutscher, auch deutsch-jьdischer Gleichgesinnter beflьgelte und mit sich zog.

 Helena Knozovб schreibt:

Das Kulturleben in der Stadt Brьnn konzentrierte sich in den Jahren 1918 - 1938 auf die Gebiete der bildenden Kunst und der Architektur, Literatur und Theater. In all diesen Sphдren wurde innerhalb von 20 Jahren ein bemerkenswertes Niveau erreicht, das sehr markant das Leben unseres ganzen Staates bereicherte.

 Es waren dabei, zumindest in der Anfangszeit der Republik, auch binationale Kontakte und Aktionen zu registrieren. Neben den offiziellen, von der Stadt, den Vereinen oder von privater Seite gefцrderten Aktivitдten gab es aber persцnliche Beziehungen auf kultureller und wissenschaftlicher Basis, die zwar gepflegt, aber nicht gerne an die groяe Glocke gehдngt wurden. Es ist anzunehmen, daя auch die kulturellen Beziehungen und Austauschmцglich-keiten von den nationalen Auseinandersetzungen ьberschattet waren.

 Jitka Sedlбrovб schreibt:
"Der Versuch, die Brьnner deutsche Kultur in der Zeit zwischen den Weltkriegen zu bewerten, ist immer noch sehr riskant. Es fehlen die Archive des Deutschen Hauses, des Kьnstler-hauses, des Mдhrischen Kьnstlerverbandes und der Vereinigung der deutschen gestaltenden Kьnstler in Mдhren und Schlesien. Die Kunstgegenstдnde dieser Institutionen, gesammelt in den Galerien des Deutschen Hauses und des Kьnstlerhauses, wurden vernichtet, gingen aber auch im April und Mai des Jahres 1945 verloren. .... Das alles erschwert die Arbeit der vergleichenden Heimatgeschichte, aber macht sie schluяendlich nicht unmцglich."

Trotzdem berichtet sie, daя zumindest in den ersten Jahren der CSR eine wechselseitige Befruchtung auf vielen kьnstlerischen Gebieten zu verzeichnen war. Zwar gab es im deutschen Kulturbьrgertum, zu dem man gewiя auch die vorwiegend deutsch gesinnten Juden zдhlen muя, auch Krдfte, die in einer Demokratie ohne Adelsprivilegien Chancen fьr einen Neuanfang sahen, aber deren Publikationen blieben ohne Widerhall. Weder Deutsche noch Tschechen hцrten hin.

So konnte auch jener Mann Zielscheibe antisemitischer Angriffe werden, der sich als Kuratoriumsmitglied der Deutschen Gesellschaft fьr Wissenschaft und Kunst (DGWK) fьr die Erhaltung der deutschen Kultur in besonderer Weise einsetzte, Professor Dr.Hugo Iltis. Dabei hдtten die programmatischen Worte, die er an die Grьndungsversammlung der DGWK richtete, von allen Deutschen unterschrieben werden kцnnen: "Heute sind wir allein, abgetrennt vom groяen deutschen Volk. Wir mьssen uns vereinen, damit wir deutsche Kultur, Wissen und Kцnnen bewahren".

Eine der ersten Sitzungen der Gesellschaft (29.8.1919) befaяte sich "mit dem vandalischen Monumentsturz Josef II., zu dem es in der Nacht vor dem Feiertag des hl. Wenzel gekommen war."

Dieses Denkmal stand vor dem "Deutschen Haus" und seine Zerstцrung gab nur einen schwachen Vorgeschmack auf das, was spдtere Jahrzehnte an Zerstцrungswut bereit hielten.

Zu den Aufgaben der DGWK gehцrte u.a. der Erhalt des Orchesters des frьheren deutschen Theaters in der Basteigasse, da das Theater tschechischen Hдnden ьbergeben werden muяte.

Ein Kind der DGWK war auch die im Jahre 1921 gegrьndete Volkshochschule, deren Leitung Prof. Iltis ьbernahm. 1931 konnte er in ein eigenes Gebдude am Janбcekplatz einziehen, das nach einem Entwurf des Architekten Heinrich Blum mit Geldern aus der Arnold-Skutecky-Stiftung errichtet wurde. Skutecky war bis 1924 Prдsident des kьnstlerischen Kuratoriums der DGWK und mitverantwortlich fьr das hohe kulturelle Niveau dieser Vereinigung. Er besaя eine wertvolle Sammlung alter Meister, die er der Mдhrischen Galerie vermachte. Viele Werke italienischer und niederlдndischer Meister aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die heute noch dort zu sehen sind, stammen aus seinem Besitz.

Ein bedeutender Zusammenschluя von Kьnstlern, Kunstliebhabern und Mдzenen war auch der "Mдhrische Kunstverband" (MK), der durch die Einfluяnahme Christian d‘ Elverts, eines der Bьrgermeister Brьnns vor 1918, eine beachtliche Bedeutung gewonnen hatte. Aber auch diese Vereinigung stьtzte sich auf die reiche jьdische Oberschicht, die die Mцglichkeit hatte, "Geld in Kunst umzuwandeln", womit sie Brьnn zu einem "blьhenden Kunstmarkt" und jede ihre Ausstellungen zu einem gesellschaftlichen Spitzenereignis machte.

Versuchen wir nun eine abschlieяende Wertung, dann kцnnen wir an den Anfang unserer Betrachtung zurьckkehren: Das Zusammenleben von Tschechen und Deutschen war von Hцhen und Tiefen gekennzeichnet; die Tiefen aber verliefen immer - zumindest bis zum Einmarsch der deutschen Truppen 1939 - in gemдяigterer Form als in Bцhmen oder im restlichen Staatsgebiet. Das mag an der prдgenden Eigenart dieser Stadt liegen, in der ьber viele, viele Jahre das "Leben und leben lassen" von den Bьrgern praktiziert wurde - bis ein ьbersteigerter Nationalismus dem ein Ende bereitete.

 

 

 

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